Mit Biospring und Samson im Lohwald

Stadtfieber setzt Dialog mit den künftig ansässigen Firmen am Innovationscampus fort

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte: Nach diesem Motto trafen sich Aktive der Bürgerinitiative Stadtfieber am 12. Juni mit den jeweiligen Vertretern der Firmen BioSpring GmbH und SAMSON zu einem informellen Waldspaziergang.

Von links: Günter Fritsche (Biospring), Sven Donner, Dr. Waltraud Huni, Dr. Harry Neß, Dr. Gerd. Dettweiler, Liane Petermann, Daniel Wiljotti, Peter Janat

Der Rundgang startete im westlichen Lohwald, durch das die geplante neue Straße zwischen der B448 und der Mühlheimer Straße führen soll. Der Waldspaziergang wurde geleitet von Dr. Waltraud Huni (NABU Mühlheim-Offenbach) und Daniel Wiljotti (BI Natürlich Bieber-Waldhof). Der Lohwald ist mit seinem kalkhaltigen Untergrund ein seltenes ökologisches Kleinod in der Untermainebene. Ein sehr alter Mischwald aus Eichen und Hainbuchen bietet er auf kleinstem Raum Biodiversität durch abwechselnd kalkigen und sandigen Untergrund und durch teilweise wellige Höhenprofile. Er bietet seltenen wärme- und kalkliebenden Pflanzen einen geeigneten Standort, wie dem Echten Steinsamen, dem Tausendgüldenkraut oder auch der Orchidee Weißes Waldvöglein. Zudem vernetzt er den westlich gelegenen Leonhard-Eißnert-Park mit dem Mühlheimer Stadtwald im Osten zu einem wertvollen Biotopverbund.

Bei der favorisierten Bauvariante (Nord 1C & Süd3) der Verbindungsstrasse soll ein etwa 16 m breiter Streifen entlang der bereits vorhanden S-Bahnstrecke entstehen. Hierfür müssen zirka 7000 Quadratmeter Waldfläche gerodet werden, darunter auch etwa 80 Bäume, die älter als 100 Jahre sind. Sie wären Opfer einer weiteren Flächenversiegelung. Hinzu käme der Verlust weiterer Bäume für die Baumaßnahmen selbst: Es ist der Bau einer Versorgungsstraße notwendig sowie die Befestigung der Straßenränder. Die Zahl der Bäume, die dafür gefällt werden müssten, wurde bisher noch nicht beziffert.

Zudem wurde von den Stadtplanern nicht berücksichtigt, dass durch die Baumaßnahmen der natürliche Waldrand entfernt wird. Was das bedeutet, wurde den Firmen- und Stadtfiebervertretern direkt vor Augen geführt: Die Bäume an einem gewachsenen Waldrand sind im oberen Bereich durch Äste und Laub in Richtung Sonne geschützt, und im unteren Bereich durch den vorgelagerte Kraut- und Gebüschsaum. Wird dieser Waldrand vernichtet, sind bei den dahinterstehenden Bäumen aufgrund der direkten Sonneneinstrahlung, der sie dann ausgesetzt sind, Folgeschäden zu erwarten. Diese können zum Aufplatzen der Rinde und mittelfristig zum Verlust der betroffenen Bäume führen. Diesen so genannten „Sonnenbrand“ konnte die Gruppe an Bäumen hinter einer vorhandenen Kahlschlagfläche in unterschiedlichen Variationen, von leichten Schäden bis zu abgestorbenen Bäumen, beobachten.

Ein bislang wenig beachtetes Risiko des Straßenbauprojektes besteht darin, dass die Trasse unmittelbar an der Giftmülldeponie „Am Schneckenberg“ vorbeiführen soll. Die Anlage wurde in den 1960er Jahren ohne erdseitige Abdichtung angelegt. Nach ihrer Schließung in den 1980er Jahren wurden Emissionen festgestellt, eine Sanierung nach dem Kapillarsperrverfahren mit Rheinsand war erforderlich. Aus Kostengründen wurde zur Abdichtung nach oben aber nur eine 50 Zentimeter dicke Erdschicht aufgetragen. Die Bautätigkeit an der Straße und der zu erwartende Schwerverkehr auf der Straße könnten dieses fragile Gebilde empfindlich stören, und einen Wiederaustritt gefährlicher Giftstoffe in die Luft, ins Erdreich und ins Grundwasser auslösen.

Die Firmenvertreter Sven Donner (SAMSON AG) und Günter Fritsche (BioSpring GmbH) nahmen die ökologischen Zusammenhänge zur Kenntnis, und bedankten sich für die Einblicke vor Ort.

Planungsansätze Innovationcampus: Offenbach kann das besser!

Unsere Stellungnahme zum vorläufigen Bebauungsplan der Stadt Offenbach zum „Innovationscampus“

Mit dem Innovationscampus möchte die Stadt Offenbach nach eignen Angaben „…eine Schnittstelle von Lehre, Wirtschaft und Innovation […] schaffen und einen Ort für die Entstehung neuer Arbeitsformen […] entwickeln“  Darüber hinaus soll das Vorhaben „zur Untersuchung und Erprobung städtebaulich-innovativer Entwicklungsansätze“ dienen.

Der vorliegende Planungsentwurf erfüllt nach Ansicht der Bürgerinitiative Stadtfieber diesen Anspruch nur zum Teil. Positiv finden wir, dass Grünflächen erhalten oder ausgebaut werden und dass dort zum Teil schon eine ökologische und klimarelevante Begrünung vorgesehen ist. Diese Ansätze sind unbedingt zu erweitern, so sollte zum Beispiel das Areal des Kuhmühlgrabens – so weit wie technisch machbar – als Feucht- und Sumpfwiesenareal angelegt werden, um die Funktion zur Kühlung des Areals, die Steigerung der Artenvielfalt und die Funktion als CO2-Senke zu maximieren.

Abbildung 1: Planungsansatz für eine Durchgangsstraße über den dann renaturierten Kuhmühlgraben und damit den ökologische Fläche vom Areal abtrennt [Quelle: Stadt Offenbach;  Begründung – Bebauungsplan Nr. 653, Seite 32]

Positiv sehen wir die öffentliche Zugänglichkeit des Areals, stark verbesserungsbedürftig allerdings die bis jetzt angedachte Verkehrsanbindung und die Verkehrsführung auf dem Campus selbst. Hier wird trotz aller guten Vorsätze und Bekenntnisse weiterhin in überkommenen Mobilitätsmustern gedacht, in dem der individuelle Autoverkehr immer noch die vorrangige Rolle spielt. Die aktuelle Planung vergibt hier auf nicht nachvollziehbare Weise Chancen und Potenziale. Das gipfelt in dem Ansinnen, direkt an einen dann renaturierten Kuhmühlgraben eine Durchgangsstraße zu bauen, die die ökologgisch hochwertige Fläche dann vom Campus trennt, siehe hierzu Abbildung 1.

Jede Menge weitere Ideen für mehr Ökologie und Innovation

Unserer Stellungnahme bringt viele weitere Ideen ein, darunter eine effiziente Parkraumbewirtschaftung, die besseren Anbindung des Areals über Radwege und Klimaschonende Bauweise.

Unsere komplette Stellungnahme hier zum Download

Öffentlicher Appel an die Offenbacher Stadtverordneten

Zur Verkehrsanbindung des Innovationscampus / Straße zur B 448

In einem Schreiben vom 10. Februar 2022 teilt der Magistrat mit, in den nächsten Wochen eine Entscheidungsvorlage zu diesem Thema vorzubereiten. Die Initiative Stadtfieber begrüßt grundsätzlich die Ansiedlung zukunftsweisender Unternehmen auf dem „Innovationscampus“ zwischen Mainuferstraße und Mühlheimer Straße. Allerdings teilen wir nicht die Auffassung des Magistrats, dass die Wiederbelebung des Areals zwingend den Neubau einer Straße erfordert.

Das Vorhaben verursacht Baukosten in zigfacher Millionenhöhe. Weiterhin sind schwerwiegende Auswirkungen für die Ökologie und das Klima unserer Stadt zu erwarten. Die hier lebenden Menschen haben den Lohwald 500 Jahre lang geschützt und gepflegt. Durch den vorliegenden Plan verlieren seltene Arten Ihr Habitat. Auch dadurch, dass der Gesamt-Naturraum in Verbindung mit dem Leonhard Eißnert Park durch die geplante Verbindungsstraße nun vollständig abgetrennt wird. Die Stadt wird weiter geschwächt im Kampf gegen die Klimaerhitzung indem Kaltluftareale verloren gehen und wir Bürger verlieren große Flächen zur Naherholung.

Hier liegt bislang ein schwerwiegendes Versäumnis der Stadt vor. Von Anfang an erfolgte die Festlegung auf den Bau einer Straße, ohne dass zuvor nachvollziehbar und mit angemessener Sorgfalt Alternativen evaluiert wurden. Der Masterplan und die Machbarkeitsstudie decken eine solche Evaluierung nicht ab und machen Sie auch nicht obsolet.

Angesichts der gravierenden Auswirkungen erwarten wir von einer klugen und am Wohl ihrer Bürger interessierten Politik, dass der Bau dieser Straße das Mittel der letzten Wahl darstellt. Alternativen können sein: Umnutzung bestehender Straßen, Anbindung des Areals an Fern- und Nahverkehrsradwege, weitere Stärkung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs etwa durch obligatorische Jobtickets, Ansiedlung Mitarbeiter vor Ort im gleichzeitig entwickelten Wohngebiet, Nutzung der Schifffahrt für den Abtransport von Abraum während der Bauzeit usw.

Hier besteht das enorme Risiko finanzielle und ökologische Ressourcen der Stadt leichtfertig zu vergeuden und die Folgen zukünftigen Generationen aufzuladen. Wir fordern intelligente und kreative Lösungen für unsere Stadt. Dazu benötigen wir Ihre Unterstützung.

Unser Appell an Sie

Veranlassen Sie bitte, dass der Magistrat eine Studie in Auftrag gibt, die zum Ziel hat, ein innovatives und zukunftsweisendes Verkehrskonzept für das Areal zu entwickeln, das die Leistung aller Verkehrsträger berücksichtigt und verifiziert. Diese Studie sollte ein Klimagutachten enthalten und einer anerkannten und unabhängigen Stelle erstellt werden.

Wir bitten Sie, hinterfragen Sie den Zeitdruck, den der Magistrat für diesen Sachverhalt anführt, er erschwert die Durchdringung des Themas und die Vermeidung der enormen Risiken.

Schließlich fordern wir, dass die Bürgerinnen und Bürger in einem transparenten Verfahren über die Ergebnisse und das weitere Vorgehen zeitnah und detailliert öffentlich informiert werden.