Immer wieder wird er als Referenz für Projekte genannt: Der Masterplan Offenbach. Doch inzwischen ist er in die Jahre gekommen und hat schon früher soziale und ökologische Belange nicht ausreichend berücksichtigt.
Wachstum, Wachstum, Wachstum war das Mantra der „Check-up Veranstaltung“ zum Masterplan in der „Alten Schlosserei“. Alles ist positiv, alles ist auf dem richtigen Weg, Wirtschaft und Politik haben auf dieser Basis in den letzten sechs Jahren gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet, so das Fazit des Oberbürgermeisters, der Vertreter des Magistrats, der IHK und anderer Interessenvertreter auf dem Podium. Über die erzeugte gute Stimmung in der Stadt, über das „Mindset“ hinaus wurden besonders die Nebeneffekte wie die gestiegene Anzahl neuer Bürgerinnen und Bürger, gebauter Wohnungen, angesiedelter Unternehmen und eine Mehr an Auspendlern für Offenbach registriert.
Worüber gar nicht gesprochen wurde sind die Entwicklungen für die Stadt, die nicht auf die Seite der Positivbilanz zu vermelden sind: erhöhte Feinstaubbelastung, eine nicht gesicherte Trinkwasserversorgung, die Überschreitung des 1,5-Gradziels der Stadterwärmung, die zunehmenden Atemwegserkrankungen der Kinder und das gekürzte ÖPNV-Angebot. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen in Bezug auf Lärm, Luft, ungelöste Klima- und Verkehrsfragen. Ganz vorsichtig sprach Stefan Kornmann vom „Planungsbüro Albert Speer“ zum Schluss seiner Zwischenbilanz die damit verbundenen Probleme an, die dann in einem bis 2030 zu überarbeitenden Masterplan zu berücksichtigen sind.
Doch diese dafür erforderliche stärkere Einleitung eines veränderten Denkens vom quantitativen zum qualitativen Wachstum kann nicht warten, denn bis dahin entscheiden das Kommunalparlament und der Magistrat nach den von Klimaereignissen überholten Parametern des Masterplans von 2016, letztlich gegen die jetzige und die nächste Generation eines lebenswerten Offenbachs. Die verantwortlichen Kommunalpolitiker und Vertreter der Wirtschaft müssen deshalb diesen Prozess der grundsätzlichen Überarbeitung des Masterplans nicht erst in einigen Jahren, sondern sofort einleiten, um zukünftig im Entscheiden und Handeln, d.h. schon ab 2024 dem datenbasierten Leitbild einer sozialen Infrastruktur, eines Erhalts und Ausbaus atmender Grünzonen und einer klimagerechten Ökonomie in Offenbach zu folgen.
Dr. Harry Neß